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Die 4 wichtigsten Fragetechniken bei einem Vorstellungsgespräch

Als Arbeitgeber ist es für Sie sehr wichtig, bei einem Vorstellungsgespräch die richtigen Fragen zu stellen. Nur so erhalten Sie wichtige Informationen vom „zukünftigen Arbeitnehmer“. Ich zeige Ihnen hier die 4 wichtigsten Fragetechniken, mit denen Sie das Vorstellungsgespräch sehr informativ gestalten können.

Machen Sie sich bewusst, dass Sie im Vorstellungsgespräch durch die Art Ihrer Fragen das Klima, die Dynamik, den Inhalt und das Ergebnis des Gesprächs bestimmen.

Wichtig: Den Bewerber ins Reden kommen lassen, und in erster Linie durch Fragen das Gespräch steuern!
Für die erforderliche Aktivierung des Bewerbers eignen sich insbesondere 4 Fragetechniken, die Sie im Gespräch variabel einsetzen können:

1. Offene Fragen: Offene Fragen geben dem Gesprächspartner einen breiten Raum zur Beantwortung. Er kann hierauf nicht mit „ja“ oder „nein“ antworten sondern ist gefordert, ausführlicher Stellung zu nehmen:

  • Was haben Sie aus dem Kennenlerngespräch mitgenommen?
  • Was interessiert Sie besonders an der Aufgabe?
  • Wie war das damals genau mit Ihrem Vorgesetzten?

2. Bitte um Erläuterung: Wenn eine offene Frage für Ihre Begriffe noch nicht hinreichend beantwortet wurde oder bei Ihnen Unklarheiten erzeugt, sollten Sie den Bewerber um weitere Erläuterungen bitten:

  • Bezüglich der Zusammenarbeit mit Ihrem Vorgesetzten erwähnten Sie vorhin, . . .
  • Können Sie das nochmals näher erläutern?

3. Spiegelung: Bei einer Spiegelung wiederholen Sie mit eigenen Worten eine Aussage des Bewerbers. Die Spiegelung wird eingesetzt, um einen Eindruck zu bestätigen oder um den Gesprächspartner unaufgefordert zu bewegen, das Thema weiter zu vertiefen:

  • „Verstehe ich Sie richtig . . .?“
  • „Wie passt das zusammen, wenn Sie einerseits . . . herausstellen, andererseits aber betonen, dass . . .?“

4. Gesprächspause: Wenn ein Bewerber eine Frage beantwortet hat und Sie nicht mit einer neuen Frage reagieren, sondern eine Pause einlegen, dann setzen Sie damit ein deutliches Signal, dass der Bewerber seine Antwort noch weiter erläutern sollte. Diese Technik ist ein Mittel zur Vertiefung eines Themas.

Praxistipp
Vermeiden Sie die folgenden Fragetechniken:
Suggestiv-Fragen, die dem Bewerber eine bestimmte Antwort in den Mund legen.
Beispiel: „Sind Sie nicht auch der Meinung, dass gute PC-Kenntnisse für Führungskräfte immer wichtiger werden?“
Provozierende Fragen, die den Bewerber verunsichern sollen.
Beispiel: „Warum haben Sie sich eigentlich für diese ausgefallene Krawatte entschieden?“

Zentrale Fragen, die Ihnen helfen, die Eignung des Bewerbers für die neue Position herauszufinden

Die Auswahl der einzelnen Fragen hängt von Ihrer Analyse der Bewerbungsunterlagen und vom Anforderungsprofil der Position ab.

Motivation und Interesse des Bewerbers

  • Was wissen Sie über unser Unternehmen?
  • Kennen Sie unsere Produkte/Dienstleistungen?
  • Warum möchten Sie sich beruflich verändern?
  • Warum wollen Sie gerade für unser Unternehmen arbeiten?
  • Seit wann suchen Sie eine neue Position?
  • Was hat Sie in der Stellenanzeige angesprochen?
  • Was reizt Sie an der neuen Aufgabe?

Persönliche Situation des Bewerbers

  • Wie ist Ihre familiäre Situation?
  • Ist Ihr Partner berufstätig?
  • Was denkt Ihre Familie über den Stellenwechsel?
  • Was sagt Ihre Familie zu längeren Dienstreisen oder häufigen Überstunden?
  • Sind Sie geographisch flexibel?
  • Würden Sie auch den Wohnort wechseln?
  • Wie gestalten Sie Ihre Freizeit?
  • Welche anderen Berufe interessieren Sie?

Bisherige Position

  • Bitte beschreiben Sie Ihre Aufgaben!
  • Beschreiben Sie einen typischen Arbeitstag!
  • Womit waren Sie zufrieden? Warum?
  • Womit waren Sie unzufrieden? Woran lag es?
  • Warum haben Sie Ihre Position so häufig/so selten/noch nie gewechselt?
  • Warum sind Sie arbeitslos geworden?

Neue Position

  • Was sind Ihre Ziele?
  • Was ist in Ihrer neuen Position besonders wichtig?
  • Was sollte nicht passieren?
  • Was erwarten Sie von Ihrem Arbeitgeber?
  • Was erwarten Sie von Ihrem Vorgesetzten?
  • Was erwarten Sie von Ihren Kollegen?

Fachliche Qualifikation

  • Welche fachlichen Schwerpunkte hatten Sie in Ihrer Ausbildung/Ihrem Studium/Ihren bisherigen Tätigkeiten?
  • Wo liegen Ihre fachlichen Stärken?
  • Was können Sie besonders gut?
  • Bitte schildern Sie uns ein Erfolgserlebnis!
  • Warum waren Sie in dieser Situation so erfolgreich?
  • Wie gewährleisten Sie, dass Sie fachlich auf dem aktuellen Stand bleiben?

Weiterbildung

  • Wie wichtig ist für Sie berufliche Weiterbildung?
  • Was haben Sie bisher dafür getan?
  • Was war dabei für Sie besonders wichtig?
  • Welches Buch war für Sie in den letzten Jahren besonders wichtig? Was lesen Sie zur Zeit?
  • In welchen Bereichen sehen Sie für sich den größten Weiterbildungsbedarf?
  • In welchen Bereichen können Kollegen etwas von Ihnen lernen?
  • Wie würden Sie ihnen Ihr Wissen vermitteln?

Umgang mit Misserfolgen

  • Bitte schildern Sie eine typische Situation, in der Sie keinen Erfolg hatten!
  • Woran lag es?
  • Was würden Sie heute anders machen?

Einkommen

  • Wie hoch ist Ihr derzeitiges Einkommen?
  • Welches Gehalt erwarten Sie von uns?
  • Wie wichtig ist ein besseres Gehalt für Sie?
  • Welche Extras erwarten Sie?
  • Welche Sozialleistungen erwarten Sie?

Nebentätigkeiten

  • Welche Nebentätigkeiten üben Sie aus?
  • Haben Sie Ehrenämter oder Verpflichtungen?
  • Was ist Ihnen daran besonders wichtig?

Referenzen

  • Welcher Ihrer bisherigen Vorgesetzten kennt Sie am besten? Warum?
  • Dürfen wir ihn einmal anrufen, um uns über Sie zu unterhalten?

Führungskräfte

  • Welche Führungserfahrungen haben Sie?
  • Schildern Sie uns bitte die wichtigsten!
  • Beschreiben Sie uns bitte eine schwierige Führungssituation und wie Sie sie gemeistert haben!
  • Welche Kriterien sind Ihnen bei der Beurteilung eines Mitarbeiters besonders wichtig?
  • Sie sind mit der Leistung/dem Verhalten eines Mitarbeiters unzufrieden. Was tun Sie?
  • Bitte beschreiben Sie eine Situation, in der Sie mit sich als Führungskraft besonders zufrieden waren!
  • Wie loben Sie Ihre Mitarbeiter?
  • Wie kritisieren Sie Ihre Mitarbeiter?
  • Wie binden Sie Ihre Mitarbeiter in Entscheidungsprozesse ein?

Fragen, mit denen Sie sich Persönlichkeitsmerkmale des Bewerbers erschließen können.

Die einzelnen Fragen sind vom konkreten Anforderungsprofil abhängig. Im folgenden haben wir einige Fragen zu wichtigen Anforderungskriterien für Sie zusammengestellt:

Selbsteinschätzung

  • Wie schätzen Sie sich selbst ein?
  • Was sind Ihre Stärken?
  • Welche Schwächen haben Sie?

Ziele

  • Wie wichtig sind Ziele für Sie?
  • Was sind Ihre beruflichen und privaten Ziele?
  • Kurzfristig, mittelfristig und langfristig?

Zielerreichung

  • Wie garantieren Sie, dass Sie Ihre Ziele erreichen?
  • Was tun Sie, wenn Sie ein Ziel erreichen?
  • Was tun Sie, wenn Sie ein Ziel nicht erreichen?

Qualität

  • Wie wichtig ist Ihnen die Qualität Ihrer Arbeit?
  • Wie stellen Sie sie sicher?
  • Was bedeutet für Sie Quantität?
  • Was ist wichtiger: Qualität oder Quantität?

Belastbarkeit

  • Wie belastbar sind Sie?
  • Wie viele Stunden arbeiten Sie pro Woche?
  • Wie erholen Sie sich?
  • Was ist Stress für Sie?
  • Wie gehen Sie mit Stress um?

Führung

  • Was erwarten Sie von einer guten Führungskraft?
  • Haben Sie ein Führungs-Credo?
  • Schildern Sie bitte eine Situation, in der Sie als Führungskraft erfolgreich waren!
  • Was bedeutet für Sie Delegation?
  • Wie treffen Sie Entscheidungen?
  • Wie motivieren Sie Ihre Mitarbeiter?
  • Wie nutzen Sie Ideen Ihrer Mitarbeiter?

Planung und Organisation

  • Wie wichtig ist Planung für Sie?
  • Wie planen Sie Ihre Arbeit?
  • Wie setzen Sie Prioritäten?
  • Wie gehen Sie mit unerwarteten Störungen und Aufgaben um?

Informationsmanagement

  • Wie beschaffen Sie sich Informationen?
  • Wie verarbeiten Sie wichtige Informationen?
  • Was bedeutet für Sie Wissensmanagement?

Teamarbeit

  • Was bedeutet für Sie gute Teamarbeit?
  • Schildern Sie bitte eine typische Situation!
  • Was behindert erfolgreiche Teamarbeit?
  • Wie muss ein erfolgreiches Team zusammengesetzt sein?

Motivation

  • Was motiviert Sie?
  • Was demotiviert Sie?
  • Wie motivieren Sie andere?

Erfolgsorientierung

  • Wie genießen Sie Ihre Erfolge?
  • Wie gehen Sie mit Misserfolgen um?
  • Wie lautet Ihr persönliches Erfolgsgeheimnis?

Betriebsklima

  • Was bedeutet für Sie gutes Betriebsklima?
  • Wie können Sie dazu beitragen?

Zusammenarbeit

  • Was ist für Sie besonders wichtig?
  • Was erwarten Sie von Ihrem neuen Arbeitgeber?

Einarbeitung

  • Wie stellen Sie sich Ihre Einarbeitung vor?
  • Welche Bereiche möchten Sie kennenlernen?

In dieser Phase des Gesprächs ist es besonders wichtig, sehr konkret zu fragen und „nachzuhaken“. Geben Sie sich nicht mit oberflächlichen und floskelhaften Antworten zufrieden. Zwingen Sie den Bewerber durch offene Fragen und konkrete Beispiele „Farbe zu bekennen“. So schauen Sie dem Bewerber am besten hinter die Stirn.

Versuchen Sie Situationen zu entwickeln, in denen die Kriterien des Anforderungsprofils relevant sind. Versuchen Sie durch Ihre Fragestellung herauszufinden, ob der Bewerber tatsächlich Ihrem Wunschbild entspricht.

So überprüfen Sie den Wahrheitsgehalt der Bewerberaussagen:

Mit den 4 aufgezeigten Gesprächstechniken gelingt es Ihnen bereits, einen Bewerber zum Reden zu bringen und das Gespräch bei Bedarf zu vertiefen. Richtig eingesetzt helfen Ihnen diese Techniken auch, den Wahrheitsgehalt der Aussagen zu überprüfen. Um festzustellen, ob Sie den Aussagen glauben können oder ob diese nur vorgespielt werden, sind aber noch 2 Aspekte wichtig:

Wahrheitscheck 1:
Fragen Sie sich bei jeder Antwort: 
Welches Bild von sich will mir der Bewerber mit seiner Antwort vermitteln?

Lassen Sie sich Beispiele so konkret und anschaulich wie ein Drehbuch erzählen.

So prüfen Sie das Verhandlungsgeschick Ihres Bewerbers

Bezogen auf die 1. Frage stellen Sie beispielsweise fest, dass Sie einen Bewerber vor sich haben, der Ihnen viele Geschichten erzählt, mit denen er Ihnen unausgesprochen die Botschaft vermitteln will: Ich bin unschlagbar in Verhandlungen.

Bezogen auf diese Botschaft sollten Sie sich dann ein ganz konkretes Beispiel zum Thema Verhandlungen erzählen lassen und bei den Ausführungen des Bewerbers darauf achten, ob Sie die geschilderte Verhandlungssituation so genau verstehen und einordnen können, wie dies für Sie bei einem Drehbuch oder in einem Theaterstück der Fall wäre. Bezogen auf das Beispiel sollten Sie hierfür auf folgende Punkte achten:

  • Hat er eine schwierige oder leichte Verhandlungssituation als Beispiel gewählt?
  • Hatte er in der geschilderten Verhandlung per se die bessere Position?
  • Wer waren seine Verhandlungspartner (welches Kaliber)?
  • Wie waren die Ausgangspositionen für die Verhandlung?
  • Wie war die Vorgeschichte zur Verhandlung?
  • War das, was verhandelt wurde, wichtig oder nicht?

Wenn der Bewerber hierzu nichts von sich aus erzählt, sollten Sie gezielt nachfragen, um sich voll in das von ihm eingebrachte Beispiel hineindenken zu können. Nur dann können Sie erkennen, ob es wirklich eine schwierige Situation war und ob er gekonnt damit umgegangen ist.

Wahrheitscheck 2:
Durch Nachhaken verschaffen Sie sich ein klares Bild

Wenn Sie trotz Ihrer Nachfragen immer noch kein konkretes Bild vor Augen haben, dann sollten Sie sich nicht davor scheuen zu sagen, dass Sie die ganze Konstellation noch nicht richtig verstanden haben, und ihn bitten, das Ganze noch einmal zu erzählen. Bei einer solchen Wiederholung ist es wichtig, darauf zu achten, an welchen Stellen er seine ursprüngliche Geschichte

  • verändert
  • ausführlicher macht oder
  • wo er etwas auslässt

An diesen Stellen sollten Sie ebenfalls nachhaken und ihm gegebenenfalls die Diskrepanzen zur ursprünglichen Aussage widerspiegeln: „Hatten Sie nicht zuvor gesagt, dass . . .?“ oder „Wie verhält sich das zu Ihrer Aussage . . .?“

Fangen Sie schon früh im Bewerbungsgespräch an, nachzufragen

Eine solche Vertiefung eines Themenkreises sollten Sie bereits im

1. Gesprächsdrittel ansetzen, um möglichst früh festzustellen, ob der Bewerber zur Schaumschlägerei neigt. Wenn Sie damit im Gespräch zu lange warten und dies folglich zu spät mitbekommen, dann haben Sie keinerlei Sicherheit mehr bezüglich der Frage, wie Sie die davor liegenden Aussagen zu werten haben.

 

Ein 2. Grund spricht für eine solche frühe Vertiefung. Bewerber, die unbedingt ein bestimmtes Bild von sich abgeben wollen, sind oft sehr fixiert auf dieses Bild und setzen sich dadurch oftmals Scheuklappen auf, mit denen sie sich selbst ein Bein stellen, ohne es zu merken.

 

Um beim Beispiel zu bleiben: Wer das Bild vom unschlagbaren Verhandler vermitteln will, obwohl er in der Praxis gar nicht so toll ist, der neigt schnell zu Extremdarstellungen auf neuen Gebieten (List und Tücke liegen hier oft nah beieinander). Es kann einem solchen Kandidaten schnell passieren, dass er sich in dem Beispiel, das er Ihnen beschreibt, so stark darstellt, als habe er die Verhandlungspartner nicht nur dominiert, sondern regelrecht überrollt. Dies wäre dann ein deutliches Zeichen für fehlende soziale Sensibilität.

Wenn Sie dies dann thematisieren (durch Spiegelung), werden Sie entweder feststellen, dass dem tatsächlich so ist – und er an dieser Stelle ein dickes Defizit hat – oder aber Sie werden eine weitere Version zur Verhandlungssituation zu hören bekommen und dann wissen, dass die erste Geschichte nur Schaumschlägerei war.

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